OnLive erfüllt den Traum der Spielebranche

Veröffentlicht am: 27. März 2009 Aktualisiert am: 27. März 2009

Trotz des Namens hat „OnLive“ nichts mit Microsofts Windows Live zu tun. Gemein ist beiden nur, dass sie eine nicht unbedeutende Rolle im Internet spielen. Beziehungsweise, dass das Internet eine große Rolle bei ihrer Arbeit spielt. OnLive ist eine neue Plattform für Videospiele von der Firma Rearden, die nun sieben Jahre lang daran gearbeitet hat, einen Traum der Spielehersteller und vieler Computerspieler zu erfüllen. Und das, ohne das jemand davon wusste.

Am Dienstag wollte Rearden ihr Konzept der Öffentlichkeit vorstellen, bereits am Montag hatten US-Journalisten herausgefunden, worum es geht. Rearden hat mit OnLive Verfahren entwickelt, die es ermöglichen, Spiele komplett online zu spielen. Und damit sind nicht nur Browsergames wie Pennergame oder „Die Stämme“ gemeint, bei denen man Anweisungen gibt, die dann nach einer bestimmen Zeit ausgeführt sind. Es soll auch nicht dem Prinzip von Online-Rollenspielen wie „World of Warcraft“ oder „Herr der Ringe – Online“ entsprechen.
Nein, bei OnLive geht es darum, dass der Spieler anspruchsvolle 3D-Spiele spielen kann, indem er sämtliche Daten aus dem Internet bekommt. Sprich: Alle Berechnungen für das Spiel, ob nun Gameplay, Grafik oder Geräuschkulisse, werden von den OnLive-Rechenzentren übernommen, die dann die Daten komprimieren und an den Rechner des „Kunden“ senden. Neu ist dabei vor allem das Komprimierungsverfahren. Denn es müssen gigantische Datenmengen innerhalb weniger Augenblicke übers Internet wer weiß wohin verschickt werden. Das war bislang noch nicht möglich, nun hat OnLive aber angeblich genau das geschafft.

Der Vorteil des Systems ist, dass selbst Spiele, die High-End-Technik benötigen, flüssig und problemlos gespielt werden können. Niemand braucht sich mehr hochgezüchtete Rechner mit teuren Mehrkernprozessoren oder noch teureren Grafikkarten zu kaufen. Alles, was man braucht, sind ein halbwegs schneller Prozessor, der die empfangenen Daten mit ausreichender Geschwindigkeit dekomprimieren kann, was immer noch weit weniger anspruchsvoll ist, als sie selbst zu berechnen, und eine Internetverbindung von mindestens 2 MBit/sek, damit die Daten auch schnell genug übertragen werden können. Eine solche Übertragungsrate steht in den meisten deutschen Städten zur Verfügung, in ländlicheren Regionen ist das unterschiedlich.
Und OnLive scheint mehr zu sein als eine Idee, die dann doch schnell wieder untergeht. Denn hinter der Firma stehen die großen Unternehmen der Computerspielbranche. Namenhafte Hersteller wie Ubisoft, THQ, EA, Eidos, Warner Bros. und viele mehr haben bereits ihr Interesse oder ihre Unterstützung bei der neuen Technologie bekundet. Einige waren auch an der Entwicklung beteiligt. Gleich 16 Spiele, darunter auch das deutsche „Crysis“, sollen mit dem Start des OnLive-Projekts zur Verfügung stehen.

Und das Interesse ist durchaus begründet. Denn das System bietet noch weitere Vorteile, als dem Kunden den Rechenaufwand abzunehmen: Wenn die Spieler die Software nicht mehr auf ihren Rechnern installieren, können sie auch keine Kopien mehr anfertigen. Somit wäre ein absolut sicherer Kopierschutz für PC-Spiele entwickelt worden. Darauf folgt, dass Spiele billiger werden könnten, weil einerseits Kosten für den Kopierschutz entfallen, andererseits die Einbußen durch illegales Kopieren nicht mehr auf die ehrlichen Kunden verteilt werden müssten.
Wie genau die Bezahlung bei OnLive funktionieren soll, ist noch nicht bekannt. Vermutet wird aber ein Abo-System. Man bezahlt für jeden Monat (vielleicht auch kürzere Zeiten), in dem man das Spiel spielt. Ist der Zeitraum verstrichen, muss neu entschieden werden, ob man das Spiel erneut abonnieren möchte oder nicht. Das erlaubt dem Kunden, wirklich nur das zu bezahlen, was er auch in Anspruch nimmt. Der Fall, dass ein gekauftes Spiel keinen Spaß macht und dann für immer im Regal verschwindet, wird also ebenfalls ausgeschlossen. Wenn man feststellt, dass ein Spiel nicht das richtige ist, steigt man eben auf ein anderes um und hat dadurch weder Geld für die Anschaffung verschwendet noch hat man die ganzen CDs samt Hüllen herumliegen. Selbst auf der Festplatte bleibt damit mehr Platz.
Als erstes durfte der US-Technikblog „Venturebeat“ ran: Mit sehr gutem Ergebnis. Laut Aussagen des Blogs läuft die Grafikwiedergabe flüssig, was bislang ja das größte Problem war. Es gab schon Action- oder Run-and-Jump-Spiele, die komplett online gespielt werden konnten, dabei war die Grafik aber natürlich entsprechend einfach gehalten. Hinter OnLive muss also ein wirklich ausgeklügelter Algorithmus stehen, der in der Lage ist, die Daten derart zu komprimieren. Scheinbar haben sich die sieben Jahre Entwicklungszeit gelohnt.

Natürlich gibt es aber auch Opfer der neuen Entwicklung. Und davon nicht einmal weniger. Wenn sich OnLive durchsetzen sollte — und davon kann angesichts der bisherigen Begeisterung und fehlenden Kritik ausgegangen werden — dann müssen eine ganze Reihe von Unternehmen umdenken. Einmal diejenigen, die bislang CDs und DVDs für die Spiele hergestellt und die Software darauf gebrannt haben. Dann natürlich noch der Einzelhandel, der deutliche Einbußen haben wird, gerade jene Firmen, die sich auf den Verkauf von Computern und Technik spezialisiert haben.

Viel härter werden die Probleme aber bei den Herstellern eben jenen teuren Technik werden, die durch OnLive überflüssig gemacht wird. Denn wer nicht gerade Videobearbeitung betreibt, braucht Mehrkernprozessoren und teure Grafikkarten eigentlich nur zum Spielen. Aber wenn alles von den Rechenzentren übernommen wird, braucht sich der Normalbürger auch dafür keine High-End-Technik zulegen. Da reichen auch einfache Pentium- oder wenigsten Dual-Core-Prozessoren. Intel, ATI und NVidia werden also in Zukunft umdenken müssen, um ihre Existenz zu sichern.
Zudem wurde angekündigt, dass Spiele mit OnLive auf allen Rechnern mit halbwegs guter Hardware laufen werden. Egal, ob ein Windows-PC oder ein Mac. Wer beides nicht haben will, kann sich auch ein speziell dafür entwickeltes Gerät kaufen, das eben nur dazu in der Lage ist, die Spiele von OnLive zu starten. Also ähnlich wie die bekannten Spielkonsolen PlayStation oder Xbox, die ja eben auch allein zum Spielen gedacht sind.

Es scheint also, als wäre der relativ jungen Firma Rearden mit OnLive etwas geglückt, das die Videospielbranche komplett umkrempeln könnte. Das nicht nur die Probleme der teuren, ständig wachsenden Hardwareanforderungen löst, sondern gleichzeitig auch noch die Piraterie bekämpft. Bleibt nur noch abzuwarten, bis wann überall in Deutschland genügend schnelle Internetanschlüsse zur Verfügung stehen. Dann wird sich zeigen, wie erfolgreich das neue Konzept ist oder ob die Spieler lieber bei den herkömmlichen CDs bleiben.

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1 Comment

  1. Grimsight
    Grimsight Juni 08, 09:22

    Hallo,

    15 doller pro Monat klingt erstmal viel, wenn man allerdings überdenkt, dass PCs inzischen für fast alle Anwendungen schnell genug sind wird man hier kaum mehr alle 3-4 Jahre aufrüsten müssen und spart im Endeffekt. Sagen wir mal ein halbwegs aktueller Spiele PC kostet ca 800-1000doller dafür kann man 4-5Jahre lang Onlive spielen. Bleibt natürlich abzuwarten wieviel die Konsole von Onlive kosten wird.

    DLS ist zumindest in den Städten kein Problem mehr und auch für ländliche Regionen gibt es Möglichkeiten wie televersa 6k leitung oder Skydsl, also ist die Kritik an fehlenden Internetleitungen unbegründet. Ob das nun mehr kostet ist eine andere Frage aber wer irgendwo im Wald in seinem Eigenheim wohnt der hat diesen Ort wohl nicht wegen seines DSL netzes gewählt und PS4 und Xbox 3 wird es auch neben Onlive noch geben.

    Was ich allerdings kritisch sehe ist der Vertiebsweg, mal sehen ob Onlive das ganze so wie Steam macht oder ob sie die Spiele auf ihrer Plattform ganz alleine vermarkten, was ein Fehler wäre. Ich persönlich wäre für Karten mit Codes, diese könnten zusammen mit einem Handboch in einer normalen DVD hülle bei MM, Saturn usw, angeboten werden.

    Desweiteren wird oft gesagt, das ATI, Intel und Co alles daran setzen würde, das sich soetwas nicht durchsetzt, da sie ihre Hardware ja verkaufen wollen. Ich kann diese Meinung nicht unterstützen, da auch die Onlive Server mit neuer Hardware aufgestockt werden möchten. Ich weiß zwar nicht was für Server bei onlive arbeiten aber ich könnte mir Vorstellen, dass es diese Server mit Nvidia chipsätzen sind.

    Fazit: Ich möchte hier nicht den Onlive Fanboy miemen, denn Onlive muss sich ersteinmal durchsetzen und ich denke gerade Steam wird in Zukunft ein großer Rivale sein und ein ähnliches Modell entwickeln. Wenn allerdings die Spiele wirklich auf einer 2-5Mbt Leitung super laufen, die Spiele frei vertrieben werden und das soziale Netzwerk gut ist sehe ich grünes Licht für Onlive.

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